Beim akuten Myokardinfarkt:
Wirkung: Die O2-Gabe ist ein Standard der AHA-Notfalltherapie. Die O2-Gabe führt zum verbesserten Sauerstoffangebot im ischämischen Gewebe. Zudem gibt es Hinweise, dass hierunter die Infarktgröße und die ST- Streckenerhöhung abnehmen.
Indikation: Immer bei Verdacht auf akute kardiale Syndrome. Merke: MONA greets all patients: Morphin, O2, Nitrat und ASS.
Dosierung: Über Nasensonde werden nicht mehr als 4-6 l O2/min appliziert, da es sonst zu Austrocknung der Schleimhäute kommt. Falls unter dieser Dosis keine Sättigung von mind. 95% erreicht werden kann muss der O2-Flow über Maske bis auf 8-10 l/min erhöht werden.
Vorsicht: Bei chronisch obstruktiven Atemwegserkrankungen kann O2 eine Atemdepression zur Folge haben. In diesen seltenen Fällen wird mit 1-2 l O2/min begonnen.
Sauerstoff sollte jedem Patienten mit Thoraxschmerzen, Verdacht auf Sauerstoffmangel jedweder Ursache und im Herzkreislaufstillstand als Erstmaßnahme gegeben werden (Klasse I-Empfehlung der AHA und des ERC). Es gibt keine toxischen Nebenwirkungen von Sauerstoff in der Akutversorgung des Patienten. Schädigungen durch zu hohe Sauerstoffzufuhr können erst nach mehr als drei bis fünf Tagen beobachtet werden. Während der Reanimation gibt es keine andere Dosierung als 100 % Sauerstoff, egal welche Ursache dem klinischen Tod zugrunde liegt. Bei noch ansprechbaren Patienten mit akuter Atemwegsobstruktion (exazerbierte COPD, Status Asthmatikus) besteht eine gewisse Vorsicht in der Applikation bei zu hohen Sauerstoffdosen. Da hierbei durch zu hohe Dosen von Sauerstoff - in der Regel erst über zwei Liter pro Minute - der durch die Hypoxie bedingte Atemantrieb gehemmt werden kann und eine CO2-Narkose resultiert. Aber auch hier ist zu bedenken, dass es bei schwerer Hypoxie, bedingt durch die akute Obstruktion der Atemwege (Asthma, COPD) zu einer Sauerstoffunterversorgung des Myokards und damit zur schweren Ischämie kommt, was zum Kreislaufschock und letztlich zum Tode des Patienten führt. Daher ist selbst bei schwerem Asthmaanfall mit hämodynamischer Beeinträchtigung die Gabe von hohen Dosen Sauerstoff notwendig, um diesem Mechanismus entgegen zu wirken. Als Nebeneffekt kann sich hier der Patient genauso erholen, wie er letztlich intubationspflichtig werden könnte was in der Situation dann aber gar nicht vermeidbar ist. Die Dosierung hängt hier letztlich nur von der hämodynamischen Situation des Patienten ab. Ein Enthalten des Sauerstoffs auch in dieser Situation, dem schweren Status Asthmatikus, wäre daher - unter der banalen landläufigen Vorstellung Sauerstoff in hohen Dosen bei akuter Atemwegsobstruktion sei kontraindiziert - ein Fehler aus Unkenntnis.
Warum Sauerstoff in kardialen Notfallsituationen? Das therapeutische Ziel jeder kardialen Notfallsituation ist letztlich die Verbesserung der Oxygenierung in allen Geweben des Körpers. Sauerstoff ist ein Medikament wie jedes i.v. oder oral verabreichtes Medikament. Es ist nur einfacher in der Applikationsweise. Daher ist Sauerstoff die erste Maßnahmen bei jedem kardialen Notfall und gilt als Klasse I-Empfehlung der AHA, auch wenn keine gesicherten Studien über die Mortalitätsverbesserung etc. vorliegen, da sich diese in solchen Situationen nur schwierig anfertigen lassen es ethisch nicht möglich ist, einen kardialen Notfall ohne Sauerstoff zu versorgen. Denken Sie immer an "Sauerstoff – i.v.-Zugang – EKG" als Erstmaßnahme beim kardialen Notfall.
Wie wird Sauerstoff verabreicht?
Die Verabreichung von Sauerstoff erfolgt in der Regel beim kardialen Notfall mit 4 (-6) Liter pro Minute über eine Nasensonde. Die Sauerstoffsättigung sollte 97 bis 98 % erreichen. Falls es nicht möglich ist diesen Level zu erreichen, sollte die Applikationsweise auf eine Maske umgesetzt werden, da Sauerstoff in höherer Zufuhr die Nasenschleimhäute austrocknet und für den Patienten sehr unangenehm ist. Hierunter kann je nach Bedarf die Dosierung gesteigert werden. Entscheidend ist aber auch, dass niemals eine Maske zur Applikation von Sauerstoffdosen unter 5 bis 6 Liter verwendet werden sollte, da hierbei eine relevante Rückatmung von CO2 stattfindet. In Beatmungssituationen gibt es nur eine Dosierung: 100% Sauerstoff.
Welche Gefahren gehen von Sauerstoff aus?
Alleine bei V.a. eine obstruktive Atemwegserkrankung ist eine Initialdosierung von 1 bis 2 Litern/Minute Sauerstoff, ebenfalls über Nasensonde – niemals über Maske – , zu verabreichen. Daneben gilt das oben Gesagte (siehe erster Abschnitt).
Welche inspiratorischen Sauerstoffkonzentrationen können mit den im Notfall üblichen Applikationen erreicht werden?
Mund zu Mund-Beatmung | ca.17 % 4 Liter/Minute |
Sauerstoff über Nasensonde | ca. 30 % 10 Liter/Minute |
über Maske | ca. 70 % |
Maskenbeatmung ohne Sauerstoffreservoir (flow 10 Liter/Minute) | ca. 60 % |
Maskenbeatmung mit Sauerstoffreservoir (flow 10 Liter/Minute) | ca. 100 % |
Beatmungsbeutel bei Maskenbeatmung mit Oxydemand-Ventil | ca. 100 % |
Bei allen Spontanatmungsformen hängt die inspiratorische Sauerstoffkonzentration im Gegensatz zu den Beatmungen natürlich vom Atemminutenvolumen des Patienten ab, weshalb hier nur Schätzwerte angegeben werden können.